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Über diese Enzyklopädie

Die Enzyklopädie Recht und Literatur / Encyclopedia of Law and Literature will den Stand der interdisziplinären Forschung im Feld „Recht und Literatur“ erschließen, neue Perspektiven eröffnen und so als Referenzwerk für die wissenschaftliche Arbeit in diesem Feld dienen.

Recht und Literatur

Recht und Literatur verarbeiten Konflikte in irreduzibel verschiedener Weise. Sie ergänzen einander und werden füreinander in mehrfacher Hinsicht relevant. Die Verhandlung von Recht und Unrecht ist ein zentrales Thema der Literatur. Rechtstexte werden als literarisches Material genutzt, mitunter gar selbst als Literatur gelesen. Zugleich sind literarische Texte und Ausdrucksformen, wie auch die Bedingungen der Verbreitung und Zugänglichkeit literarischer Texte, Gegenstand rechtlicher Regelungen – ob es um Fragen der Ehre geht, um Verletzungen durch Sprachhandlungen, Bedrohungen der guten Sitten oder des öffentlichen Friedens, um die Freiheit der Rede oder um Urheberrechte.

Recht wie Literatur sind – bei allem, was sie unterscheidet – Sprachkünste, Formen des Sprachgebrauchs, die jeweils besonderen Ansprüchen unterliegen. Auch wenn das Recht als institutionelle Ordnung in entscheidender Hinsicht etwas anderes ist als bloße Sprachkunst und im Bestand der es stützenden und explizierenden Texte nicht aufgeht, bleibt es allemal in intertextuelle Resonanzverhältnisse eingebunden und verstrickt in Geschichten. Es braucht Geschichten, um Ereignisse dem Muster von Tatbeständen kommensurabel zu machen, und weitere Geschichten, um zu begründen, warum die behauptete Anwendbarkeit eines bestimmten Tatbestandes in dem betreffenden Fall verfehlt wäre. Selbst die Geltung dessen, was jeweils als Recht gilt, steht und fällt mit Legitimationsgeschichten, die über dieses Recht erzählt und akzeptiert werden. Literatur kann das Recht, die Funktionsweise rechtlicher Institutionen und die Handlungsoptionen und Herausforderungen, zu denen sich Akteure, die im Rahmen rechtlicher Institutionen handeln, verhalten müssen, ihre Erwartungen an das Recht wie auch die Enttäuschung dieser Erwartungen, beschreiben und aushorchen. Sie kann darüber hinaus auch prägenden Einfluss auf das Rechts- und Selbstverständnis der Akteure oder sogar auf die Umgestaltung bestimmter rechtlicher Institutionen gewinnen, während rechtliche Regelungen ihrerseits mitgestaltenden Einfluss auf die Literatur ausüben. Zwischen Recht und Literatur ergeben sich somit vielfältige Beziehungen und Interferenzen, die im Rahmen der Literatur- und der Rechtswissenschaften aus unterschiedlichen Gründen und mit unterschiedlichen Zielen erforscht werden.

Die Enzyklopädie Recht und Literatur

Die bilinguale, deutsch- und englischsprachige Enzyklopädie Recht und Literatur / Encyclopedia of Law and Literature, deren Startausgabe und Keimzelle hier der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, will dieses interdisziplinäre Forschungsfeld in seiner ganzen Breite und in internationaler, rechts- wie literaturvergleichender Perspektive erschließen. Bis sie den Ansprüchen gerecht werden kann, die mit diesem Vorhaben verbunden sind, bleibt freilich einiges zu tun, wie den Herausgebern, Autorinnen und Autoren bewusst ist.

Die Enzyklopädie Recht und Literatur / Encyclopedia of Law and Literature wird mit Unterstützung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Sonderforschungsbereich 1385 Recht und Literatur an der Universität Münster erarbeitet unter Beteiligung von zahlreichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus verschiedenen philologischen, rechtswissenschaftlichen, kultur- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen und für Leser*innen wie Autor*innen kostenlos ohne Zugangsbeschränkungen (open access) online zur Verfügung gestellt.

In substantiellen Sachartikeln werden zentrale Teilbereiche des Themenfeldes und wichtige Aspekte des Verhältnisses von Recht und Literatur historisch und systematisch beleuchtet. Diskursprägende literarische Texte sowie Forschungsbeiträge zum Themenfeld „Recht und Literatur“ werden zudem durch Personenartikel zu einschlägigen Autorinnen oder Autoren erschlossen. Neben der durchgehenden Aufarbeitung der einschlägigen englisch- und deutschsprachigen Forschung legt die Enzyklopädie besonderes Augenmerk auf internationale Austauschprozesse im europäischen Rahmen sowie über diesen hinaus. In diesem Zusammenhang werden auch einige in der westeuropäischen Forschung bisher wenig bekannte Entwicklungen in den osteuropäischen Literaturen und Rechtssystemen bzw. in der auf diese sich beziehenden Forschung berücksichtigt. Von besonderem Interesse für die Recht-und- Literatur-Forschung sind auch die sich wechselseitig beeinflussenden Traditionen des jüdischen und des islamischen Rechts, in denen die für das westliche Rechtsverständnis grundlegende Unterscheidung zwischen heiligen Schriften, Rechtstexten und literarischen Werken nicht vorausgesetzt wird und eigene Formen der rechtsprägenden Kommentar- und Suprakommentarliteratur entwickelt wurden. Eine Erweiterung des Horizonts durch stärkere Berücksichtigung auch außereuropäischer sowie postkolonialer Literaturen und Rechtskulturen ist als Desiderat für die Weiterentwicklung der Enzyklopädie erkannt; erste Schritte zur Erschließung dieser Wissensgebiete sind eingeleitet und werden in Zukunft die Enzyklopädie weiter anreichern.

Jeder Artikel ist eine selbständige monographische Einheit und informiert in wissenschaftlicher Verantwortung der jeweiligen Autor*innen sowie der Herausgeber so bündig wie möglich, so ausführlich wie nötig und über Disziplingrenzen hinweg verständlich über seinen Gegenstand sowie über den Stand der einschlägigen Forschung. Mit dem Anwachsen der Enzyklopädie potenziert sich ihr Nutzen durch die zunehmende Vernetzung zwischen den Artikeln. Die einzelnen Artikel werden bei ihrer Veröffentlichung und im Fall ihrer Überarbeitung jeweils mit einem persistent identifier (DOI, URN) versehen; ältere Versionen bleiben auch nach der Publikation einer neueren Version zugänglich, so dass die wissenschaftliche Zitierbarkeit der in der Enzyklopädie erscheinenden Artikel dauerhaft gesichert bleibt.

Als primärer Einstieg in die Lektüre empfiehlt sich das alphabetische Verzeichnis der Lemmata, in dem zumindest in der Anfangsphase über das Verzeichnis der vorliegenden Artikel hinaus noch etliche Stichworte aufgeführt sind, die geplant bzw. in Vorbereitung sind, aber z.Zt. noch nicht vorliegen. Neben dem alphabetischen Inhaltsverzeichnis ist auch eine Volltextsuche von jeder Seite der Enzyklopädie aus möglich. Regelmäßige Nutzer der Enzyklopädie können sich über den Fortgang des Projekts rasch informieren durch die Anzeige der neuesten Artikel.

Die Enzyklopädie wird schrittweise in deutscher und englischer Sprache zugleich aufgebaut. Für den Übergang in die je andere Sprachausgabe können die Icons der britischen bzw. der deutschen Flagge oben rechts auf jeder Seite der Enzyklopädie genutzt werden. Da der literarische und insbesondere der poetische Sprachgebrauch nur teilweise der Übersetzung zugänglich ist und Rechtsbegriffe ihre Bedeutung erhalten durch ihren Gebrauch in jeweils für eine bestimmte Rechtsordnung maßgeblichen Rechtstexten, für den es in vielen Fällen keine direkte Entsprechung in anderen Jurisdiktionen gibt, sind gewisse Inkongruenzen zwischen den deutschsprachigen und den englischsprachigen Texten unvermeidlich. Manche Artikel liegen bisher nur in der einen oder der anderen Sprache vor. In einigen Fällen entwickelt sich das Übersetzungsverhältnis zwischen den Artikeln und den als entsprechend geltenden Lemmata in der jeweils anderen Sprache eher zu einem Ergänzungsverhältnis. Leser*innen, die beider Sprachen mächtig sind, mögen unter Umständen vom Vergleich der Artikel zu den sie interessierenden Gegenständen in beiden Sprachen profitieren.

Diese Online-Enzyklopädie versteht sich nicht nur als wissenschaftliches Informationsangebot und Nachschlagewerk für rechts- wie literaturwissenschaftlich Interessierte, sondern ausdrücklich auch als Einladung zum disziplinübergreifenden kritischen Dialog. Für Einwände, Nachfragen und Hinweise auf ggf. zu berücksichtigende Gesichtspunkte sind die Autor*innen der jeweiligen Artikel wie auch die Redaktion dankbar. Sie erreichen uns unter ‚encylop[at]uni-muenster[dot]de‘.

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